Britta, warum korrigierst du nicht?

Diese Frage wird mir immer mal wieder gestellt und da die Antwort sehr komplex ist, versuche ich sie hier einmal in einem Blogpost für dich aufzudröseln:

Wir kennen Korrektur als etwas aus der Schule oder auch aus dem Businesskontext, wo jemand mit dem Rotstift langgeht und uns sagt, was wir falsch machen. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Fehler machen schlecht ist, mit schlechten Noten bewertet wird und in der wir „wertvoller“ scheinen, wenn wir fehlerfrei sind. Dabei verkennen wir, das wir aus Fehlern lernen, das Fehler uns nachhaltig helfen uns etwas einzuprägen oder etwas zu verinnerlichen. Natürlich gibt es Fehler, die folgenlos sind, wie beispielsweise Rechtschreibfehler und Fehler, die gravierend sein können, wie etwa auf einen heiße Herdplatte zu fassen.

Wenn wir das aufs Yoga übertragen, so würde ich mir nie anmaßen, deine „Rechtschreibfehler“ zu korrigieren. Denn wer bin ich denn, wenn ich glaube, ich kenne deinen Körper besser als du selbst. Ich kann immer nur von draußen drauf schauen, ich habe eine anatomisch „richtige“ Ausführung gelernt, aber für die wenigsten von uns ist diese die Richtige für seinen oder ihren Körper. Denn was du sehr schnell bei mir lernst: Jeder Körper ist anders und braucht dementsprechend eine angepasste Ausrichtung. Du bist die Königin oder der König auf deiner Matte. Das heiß, du weißt am besten über deinen Körper Bescheid. Viele von uns haben verlernt ihren Körper und ihre Bedürfnisse richtig wahrzunehmen und genau an dem Punkt setzte ich an. Wir lernen gemeinsam uns selbst wieder wahrzunehmen und vor allem auch danach zu üben. Denn dann bist du auch sicher davor Fehler zu machen, die einer heißen Herdplatte entsprechen, sprich, bei denen du dich verletzten könntest. Denn ja, es ist durchaus möglich sich in der Yogastunde zu verletzten. Dies passiert aber in der Regel nur in folgenden 3 Situationen:

  1. Du bist unachtsam und nicht bei deinem Tun (das ist öfter vor und nach Asanas der Fall)
  2. Du respektierst oder erkennst deinen eigenen Grenzen nicht oder gehst darüber hinaus
  3. Deine Lehrerin/dein Lehrer bringen dich in eine Position, die für deinen Körper nicht richtig ist.

Ich möchte dich also ermutigen, dir wieder mehr selbst zu trauen, deinen Körper ernst zu nehmen und deine Grenzen wertzuschätzen. Grenzen sind keine Limitierung, sondern ein Schutz. Wenn dir das bewusst wird, wirst du auch aufhören, sie zu überschreiten.

Nun noch eine andere Facette zur oben gestellten Frage:

Ich korrigiere und zwar sehr oft, verbal oder auch durch eine Anpassung der Praxis. Was sehr selten vorkommt, ist das ich sage: „Paul, nimm dein Bein mehr nach vorne!“ u.ä.

  1. Ich biete sprachlich andere Alternativen an, denn wir verstehen bei einzelnen Aussagen nicht immer das Gleiche: Knie leicht gebeugt, Knie weich, Knie durchlässig….
  2. Ich zeige bei mir selbst was ich meine, oder benutze Bilder (gerne aus dem Kinderyoga muss ich gestehen, weil sie auch bei Erwachsenen super funktionieren und oft die Stimmung auflockern): Stell dir vor, du hättest einen Luftballon in deinen Bauch, für die tiefe Bauchatmung.
  3. Ich gehe nie maximal in eine Haltung hinein, denn ich weiß, dass mindestens ein Teil der Kurse versucht mir nachzueifern. Wenn ich unterrichte geht es nicht darum zu zeigen, was ich kann, sondern ein Vorbild für die Anderen zu sein. Für mein „Können“ habe ich meine eigene, private Praxis, nicht die Kurszeit.
  4. Wenn ich das Gefühl habe, eine Person läuft Gefahr sich in der Art, wie sie die Asana praktiziert, sich selbst zu verletzen, verändere ich die Ansage für alle: Wir bauen dann die HeldInnenhaltungen nicht aus dem Sprinter heraus auf sondern aus dem Stand, da die Teilnehmenden dann in der Regeln gar nicht erst so tief in die Haltungen rein gehen und dem entsprechend weniger Fehler machen. Dann üben alle einfach weniger intensiv.

Das sind jetzt nur ein paar wesentlich Impulse, wie ich korrigiere aber vielleicht wird dir dabei schon deutlich, dass ich die Korrektur so „verstecke“, dass sie für die einzelne Person gar nicht unbedingt ersichtlich ist, denn mein Ziel ist, dass alle gemeinsam ein Stückchen wachsen.

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Aber was machst du, wenn die Zielperson deine Korrektur nicht annimmt?

Zum einen ist das OK, denn vielleicht ist mein Impuls nicht der richtige für diese Person und die Art wie sie praktiziert ist genau richtig. Wir dürfen auch als Lehrende lernen, dass die Yogapraxis der Teilnehmenden stark von der „idealen“ Form abweicht. Darin hat mich vor allem mein Yogatherapieausbilder noch einmal sehr bestärkt. „Selbst wenn es für uns völlig falsch aussieht, kann es für die Übenden genau richtig sein. Wir habe ja keinen Röntgenblick und können hineinschauen ob die Ausführung sinnvoll ist oder nicht.“ Hinzu kommt, dass viele Richtungen ganz unterschiedliche Aussagen zur Ausrichtung treffen die machmal komplett konträr sind oder sich gegenseitig ausschließen. Welche ist jetzt richtig. Oft biete ich verscheiden Möglichkeiten an und lasse die Teilnehmenden hineinspüren, ausprobieren und ihren Körper kennenlernen.

Yoga –  Weg zu dir selbst

Yoga ist vor allem Selbstwirksamkeit oder wie es so schön heißt, der spannende Weg zu dir selbst. Den Weg zu dir selbst findest du nicht, wenn dich jemand anderes in irgendeine Haltung hineinbringt, die du selbst so gar nicht erreichen würdest. Das mag sich für den Moment gut anfühlen, aber es hilft dir überhaupt nicht weiter. Eine Korrektur kann maximal hilfreich sein, wenn jemand dir von außen eine Idee mit der Hand gibt „Hier könntet du aktiver hinstreben“. Aber an dieser Stelle möchte ich auf die Grenzen des Gruppenunterrichts verweisen und warum es für mich eher eine Hilfestellung im Einzelsetting ist:

Alle in der Gruppe abholen und mitnehmen

Wir könnten jetzt noch gruppendynamisch drauf schauen, dann wird es aber schon sehr differenziert und ist wahrscheinlich eher für Lehrende relevant: Also nur in aller Kürze. In einer Gruppenstunde gehört meine Aufmerksamkeit der Gruppe und nicht der individuellen Ausrichtung der Einzelnen. Wer sich eine genaue Korrektur wünscht ist herzlich Willkommen in meinen Einzelstunden, denn dort kann ich mich voll und ganz auf diese Person konzentrieren. Kann Fragen stellen und individuelle Impulse geben. Dort können wir gemeinsam schauen, wie du das Beste für deine Praxis rausholen kannst. Würde ich das im Gruppensetting machen, wäre es entweder halbherzig für die „korrigierte“ oder wie ich schöner finde „begleitete“ Person und gleichzeitig würde der Rest der Gruppe hinten rüber fallen. Oft fühlen sich die Personen, mit denen wir es vermeintlich gut meinen auch vorgeführt oder bevormundet. Daher empfehle ich „Korrekturen“ immer im Einzelsetting anzubieten und nicht in der Gruppe. Dann kommen die Menschen nämlich aktiv auf dich zu und wollen gezielt von dir begleitet werden.

Du siehst, schon der Sprachgebrauch macht hier einen himmelweiten Unterschied. Denn wir gehen nicht mehr in die Schule, wir brauchen keine Hierarchien, wie brauchen Begegnungen auf Augenhöhe.

Wenn du Lust hast reinzuschnuppern, schau dich doch gerne bei meinem Kursangebot um.

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