oder: Wie ich einen gut gebuchten Kurs gestrichen habe – und es sich trotzdem richtig angefühlt hat.
Vielleicht kennst du diesen Satz bereits – ich auch. Und doch ist er oft schwer umzusetzen. Denn wir wollen es anderen recht machen, fühlen uns verpflichtet, möchten Erwartungen erfüllen – und verlieren dabei unsere eigenen Bedürfnisse aus dem Blick.
So ging es mir lange mit meinem Dienstagabendkurs. Seit ich hauptberuflich als Yogalehrerin arbeite, habe ich regelmäßig drei bis vier Abende pro Woche unterrichtet – oft bis 21:00 oder 21:30 Uhr. Mit der Zeit merkte ich, wie erschöpfend das wurde. Tagsüber arbeitete ich bereits, und abends fehlten mir zunehmend Energie und vor allem Schlaf. Nach dem Unterricht konnte ich nur schwer abschalten, kam hungrig nach Hause, aß spät – und schlief entsprechend schlecht.
Ein Paradox, wenn man bedenkt, dass mein Beruf genau darin besteht, Menschen zu begleiten, gut für sich selbst zu sorgen und im Einklang mit dem eigenen Rhythmus zu leben.
Meine Hashimoto-Diagnose vor über zwei Jahren war ein Wendepunkt. Ich musste ehrlich hinschauen und erkennen: So kann und will ich nicht weitermachen. Auch wenn ich meine Arbeit liebe und dankbar bin, meine Leidenschaft zum Beruf gemacht zu haben – die Belastung war da. Und sie wurde zu groß.
Je mehr ich mich damit beschäftigte, desto klarer wurde: Viele Yogalehrende brennen für das, was sie tun – und laufen dabei Gefahr, auszubrennen. Leidenschaft schützt nicht vor Erschöpfung.
Ich begann also, mein Angebot schrittweise umzustrukturieren: Ich gab Elternabende und Kurse in der Erwachsenenbildung auf, reduzierte Abendtermine und fokussierte mich auf mein Kerngeschäft. Es wurde besser – aber noch nicht gut genug.
Anfang des Jahres traf ich eine klare Entscheidung: Ich stellte meinen Basic-Yogakurs am Dienstagabend ganz ein. Stattdessen entwickelte ich ein neues Angebot im früheren Abendbereich mit Inhalten, die auch mir guttun: regeneratives Yin Yoga.
Lange hatte ich ein schlechtes Gewissen gegenüber meinen treuen Teilnehmerinnen – der Kurs passte zeitlich perfekt in ihren Alltag. Doch irgendwann musste ich ehrlich mit mir selbst sein: Wenn ich mehr Schlaf, mehr Ruhe und mehr Energie möchte, müssen meine Arbeitstage kürzer werden – selbst wenn das bedeutet, gut gebuchte Kurse aufzugeben.
Denn nicht jede Entscheidung darf sich allein nach dem Einkommen oder den Erwartungen anderer richten.
Gestern war es dann so weit: Ich fuhr kurz nach 20 Uhr mit einem Lied auf den Lippen nach Hause. Zum ersten Mal seit Langem hatte ich das Gefühl, noch Freizeit zu haben, bevor ich ins Bett gehe. Es tat unglaublich gut – und fühlte sich genau richtig an.